Inhaltsangabe zu "Hotel der Schlaflosen: Erzählungen"
»Fear is a man’s best friend« lautet das Motto von Ralf Rothmanns neuem Erzählungsband Hotel der Schlaflosen, und tatsächlich ist es oft die Angst, die seinen Figuren aus der Not hilft. Der alternde Dozent, dem während einer Autopanne in der mexikanischen Wüste die Logik der Liebe aufgeht, die Geigerin, die eine finale Diagnose erhält, oder das Kind im Treppenflur, das seine Prügelstrafe erwartet – sie alle erfahren Angst auch als spiegelverkehrte Hoffnung. Und sogar in der erschütternden Titelgeschichte, dem Gespräch des Schriftstellers Isaak Babel mit Wassili Blochin, seinem Moskauer Henker, für den eine Pistolenkugel die letzte und höchste Wahrheit ist, lässt uns der Autor teilhaben an der Einsicht, dass es eine höhere gibt.
Elf Erzählungen und elf Entscheidungen
„Aber am besten verstehen wir es, feine Klingen zu machen, schön graviert. Manche Messer, die man im Ärmel trägt, sind schmal wie Bleistifte und so unglaublich spitz und scharf: Man spürt sie erst kaum, hat nur ein kleines unbehagliches Gefühl.“ (Zitat aus „Der Dicke Schmitt“, Seite 88)
Inhalt und Thema
Dieser Erzählband umfasst elf Geschichten, in denen es um Menschen und jenen kleinen Augenblick geht, in dem eine Entscheidung gefällt wird. Diesem Moment ordnen sich alle nachfolgenden Ereignisse unter. Es sind gefährliche Situationen, plötzliche Ereignisse, in denen das Handeln Mut erfordert, oder scheinbar ausweglose Momente, und immer besteht eine Wahl zwischen mehreren Möglichkeiten.
Handlung und Schreibstil
Der Autor lässt in einer klaren, verständlichen, aber niemals überflüssig erklärenden Sprache seinen Figuren immer die freie Wahl der Entscheidung und des Handelns. Einige der Geschichten sind beklemmend und düster, doch auch hier gibt es mehrere Möglichkeiten, selbst ein Kind nach einer harten Kindheit im Elend könnte es im Erwachsenenleben anders machen und ein Genosse Major kann umdenken, auch wenn er riskiert, dann vom Täter selbst zum Opfer zu werden. Es sind Erzählungen über mutiges und weniger mutiges Verhalten und darüber, sich bietende Chancen zu ergreifen. Eine Geigerin vor dem Konzert, deren Problem nicht nur eine gerissene Seite und die Ersatzseiten im Hotel sind, fragt sich bei der Fahrt durch die Gegend, wo sie aufgewachsen ist „Wie viele Erinnerungen haben zwischen zwei Herzschlägen Platz?“ (Seite 16) und in der letzten Geschichte stellt der Protagonist mit Erstaunen fest, dass die Erinnerungen im Alter zu einer eigenen, völlig neuen Realität werden können.
Fazit
Elf Erzählungen, elf Situationen und elf Entscheidungen, die uns beim Lesen nachdenklich stimmen, noch lange nachklingen mit der Frage, was wir in einem ähnlichen Fall tun würden oder vielleicht getan hätten.